📘 Tagebucheintrag – 22. Dezember 2025
Er steht im Bad. Aufrecht vor dem Spiegel. 🪞
Rasiert sich.
Danach die Dusche. Die schöne mit der Regenbrause.
Die letzten Tage von warmem Wasser, das von oben kommt, ohne dass man darüber nachdenken muss.
Am Morgen hatte ich meine E-Mails gelesen:
"ITV (TÜV auf spanisch).
Ablehnung.
Kein Ingenieur, keine Genehmigung, irgendwann erneut zur Prüfung."
Ich erzähle ihm nicht alles.
Nicht, weil er es nicht wissen darf – sondern weil er es nicht tragen kann.
Ablehnungen bringen sein inneres Chaos durcheinander, wie ein Raum, in dem jemand plötzlich alle Möbel umstößt.
Also filtere ich.
Dämpfe.
Trage allein.
Als er merkt, dass ich etwas gelesen habe, fragt er.
Ich sage: "ITV gewährt eine kurze Verlängerung."
Das Wort Ablehnung lasse ich bewusst weg.
Wir wissen beide, dass wir keinen Ingenieur bezahlen können.
In seinem Kopf vermischt sich alles:
kein Ingenieur – kein ITV – keine Kennzeichen – keine Mobilität
und gleichzeitig das Wissen, dass diese Tage die letzten sind, in denen Körperpflege noch leicht ist.
Sein Körper reagiert schneller als sein Denken.
Nach der Toilette gehen wir einkaufen.
Ich sage, dass wir uns nun dringend die Plätze anschauen müssen, die ich längst herausgesucht habe.
Unauffällig. Für nach dem 31.12.
Ich merke, wie seine Stimmung kippt.
Dann bricht es aus ihm heraus.
Er will das nicht:
Kein Leben im Auto.
Ohne Duschen.
Ein Fahrzeug, das steht und vergammelt, weil es nicht ohne Nummernschilder nicht bewegt werden kann.
Nichts geschafft.
Kein Grundstück.
Alles umsonst.
Er sagt, er will nur noch sterben.
Ich erkläre wieder, dass ein Fahrzeug eine Adresse braucht.
Dass ein Grundstück nicht reicht.
Er hört nicht zu.
Geht ein paar Meter vor mir.
Winkt ab.
Ich sage, ruhig, wie schon so oft:
"Wir wussten beide, dass wir eines Tages im Auto leben würden. Schon vergessen? Wir wollten aussteigen.
Und dass ein Grundstück nie sicher war."
Er bleibt erschrocken stehen, als hörte dies zum ersten Mal:
"wenn ich das gewusst hätte, wäre ich diesen Weg nicht gegangen, hätte weiter gearbeitet."
Während er im Supermarkt den Einkaufswagen schiebt,
sage ich, dass wir dieses Leben gewählt hatten, um aus dem System auszusteigen. Keine Steuern mehr zahlen für andere.
Aber dass ein anderes Leben auch andere Konsequenzen hat.
Und in solchen Situationen, in denen wirklicher Überlebenskampf plötzlich real wird, zeigt sich, wer mitgehen kann.
Ich sage, dass ich nicht allein dauerhaft das Leben für zwei Menschen tragen kann.
Dass ich dann allein weiter kämpfe.
Wenn er so nicht leben kann, muss er umkehren.
Er geht nicht.
Er schiebt den Wagen weiter.
Fragt: "Was brauchen wir noch im Einkaufswagen?"
Ich denke, er hält sich an mir fest.
Weil ich auch ohne Komfort überleben kann und er weiß, der Mensch ist nur ein Gewohnheitstier.
Es wird sich zeigen, wie lange er noch hinter mir gehen kann.