Kleine Märchen und Geschichten
Die Bambusprinzessin
Vor mehr als tausend Jahren lebte ein alter Bambusschneider mit seiner Frau in einer bescheidenen Hütte am Rande des Waldes. Eines Tages sah er schon von Weitem ein leuchtendes Bambusrohr. Als er es öffnete, traute er seinen Augen kaum. Ein winziges Mädchen, kaum größer als sein Daumen, aber von einer nicht irdischen Schönheit schaute verschreckt zu ihm hoch.
Er zögerte nicht und nahm es mit nach Hause. Doch sobald er es berührte, wuchs sie zu einem wunderschönen Kind heran. Er nannte sie Kaguyahime – die leuchtende Prinzessin.
Von da an fand der alte Mann in jedem Bambus, den er fällte, leuchtende Goldstücke. Sein armes Leben verwandelte sich in ein reiches Leben. Dennoch blieb eine Stille in dieser Hütte.
Kaguyahime wuchs heran, und bald sprach man in allen Dörfern von ihrer Schönheit. Fünf Adlige kamen und hielten um ihre Hand an. Doch Kaguyahime wies sie alle ab, indem sie ihnen unlösbare Aufgaben auftrug, wie den Edelstein des Drachengottes oder den Zweig des Juwelenbaums vom Paradies zu bringen. Alle scheiterten. Manche starben auf der Suche, andere kehrten gebrochen zurück. Doch Kaguyahime konnte nicht glücklich werden. Wenn sie in den Vollmond blickte, flossen Tränen über ihr Gesicht.
Eines Nachts gestand sie ihren Pflegeeltern, dass sie nicht von dieser Welt sei, sondern zum Mondvolk gehörte, und ihre Zeit auf der Erde sei bald zu Ende.
Als eines Nachts wieder einmal der Mond voll wurde, stieg ein leuchtender Wagen aus Mondlicht vom Himmel herab. Engelartige Wesen kamen und nahmen Kaguyahime mit sich.
Der Bambusschneider und seine Frau flehten verzweifelt ihre Ziehtochter an, dass sie bitte bleiben solle, doch Kaguyahime konnte nicht anders und lächelte traurig. Zum Abschied übergab sie den beiden Menschen, die sie so liebevoll gross gezogen hatten, ein Fläschchen mit dem Elixier der Unsterblichkeit und verschwand in das Licht des Mondes.
Der alte Mann aber brachte das Elixier auf dem höchsten Berg, weil er ohne seine kleine leuchtende Prinzessin nicht ewig leben wollte.
Seitdem, so wurde es über Generationen überliefert, steigt der Rauch aus dem Fuji in den Himmel – als Sehnsucht nach der verlorenen Prinzessin.
Oder, die Spiegelgeschichte - Das Mondlicht ohne Prinzessin
Ich bin keine Prinzessin.
Ich sehe nur manchmal so aus, wenn das Licht von oben günstig fällt. Manche sagen, ich hätte etwas „Leuchtendes“, weil sie denken, dass ich bald durchbrenne.
Ich bin auch aus etwas herausgewachsen, das mich klein hielt.
Aber das war kein Bambus.
Ich wurde nicht in einem leuchtenden Rohr gefunden, sondern in einem Zimmer mit Deckenleuchte. Ein Mann, der mich damals in seinem Arm hielt, meinte, ich hätte Potential.
Ich tat, was alle tun: lächeln, funktionieren, ein bisschen glänzen, aber nie zu auffällig.
Dann kamen sie, die Verehrer. Sie waren keine Drachentöter oder Juwelendiebe, eher Installateure, Dachdecker oder berufsbedingte Aussteiger.
Sie wollten mich haben, aber nicht für immer. Ich stellte ihnen Aufgaben, die unausgesprochen blieben: „Versteh mich.“ – „Bleib nicht, wenn’s unbequem wird.“ – „Frag nicht immer, ob alles okay ist.“
Keiner bringt die Wahrheit mit, nur weil man darum bittet.
Alle scheiterten, außer Einer, der blieb.
Jetzt sehen wir uns gemeinsam den Mond an und er schaut auf uns zurück. Niemand kommt.
Wir stehen irgendwo im Nirgendwo und haben verstanden, zwischen Traum und Ziel gibt es keine Brücke.
Aber wir sind nicht allein auf dieser Welt, zwischen WLAN, Wocheneinkauf und nicht bezahlten Rechnungen. Es könnte also sein, dass uns jemand kommt und uns abholt, denn wir sind durchgebrannt.
Die Frau aus dem Meer
An der windgepeitschten Küste Irlands lebte einst ein Fischer.
Eines Tages sah er eine Gruppe wunderschöner Frauen am Strand tanzen. Als er näherkam, erkannte er, dass sie keine gewöhnlichen Frauen waren – sie hatten Robbenfelle abgelegt.
Denn Selkies, so sagt man, sind Robbenwesen, die sich in Menschen verwandeln, wenn sie ihr Fell ablegen.
Der Fischer stahl das Fell einer von ihnen – einer stillen, traurigen Schönheit – und versteckte es.
Ohne ihr Fell konnte sie nicht ins Meer zurück.
So blieb sie bei ihm, heiratete ihn, bekam Kinder, lächelte sogar manchmal.
Aber ihr Blick blieb leer, wie die See an windlosen Tagen.
Eines Tages, Jahre später, fand eines der Kinder zufällig das Fell.
Die Frau nahm es in die Hände, roch das Salz, und wusste, dass sie gehen musste.
Sie sah die Kinder an, küsste sie, weinte – aber ging.
Zurück ins Meer.
Sie kam nie wieder.
Oder, die Spiegelgeschichte - Die Frau am Meer
Ich habe ein Meer in der Nähe, und ich kenne das Gefühl, zu ertrinken, obwohl ich längst wieder den Sand unter meiner Füßen spüre.
Ich habe kein Fell, nur sieben T-Shirts, sieben Hosen, sieben Strümpfe.
Dann kam jemand, der meinte, ich solle es ausziehen, weil er mich „wirklich sehen“ wollte.
Ich tat es.
Natürlich tat ich es.
Man glaubt ja an Nähe, bis man merkt, dass sie nur ein anderes Wort für Zugriff ist.
Er nahm mein wirkliches Aussehen und versteckte es irgendwo zwischen „Ich will nur dein Bestes“ und „Mach’s mir nicht so schwer“.
Ich blieb, zog in seine Welt ein, lächelte in seine Fotos, spielte die Frau, die man behalten kann.
Ich hatte sogar Kinder – kleine, warme Wesen, die nichts dafür konnten, dass ihre Mutter aus einer anderen Tiefe kam.
Aber irgendwann roch ich wieder Salz in der Luft.
Ich wusste, da draußen wartet etwas, das mich kennt.
Nicht besser – nur ehrlicher.
Eines Nachts fand ich mein "Wirklich" wieder.
Es roch nach mir, nach Wind und Schweigen und Freiheit.
Ich nahm es.
Er sah mich an, als würde ich ihn verraten.
Aber ich hatte mich schon längst verloren, bevor ich ging.
Jetzt sitze ich manchmal am Fenster, sehe den Asphalt glitzern nach Regen und denke:
Vielleicht bin ich wieder dort, wo ich hingehöre – in Bewegung.
Menschen nennen das Einsamkeit.
Ich nenne es Rückkehr.
Die Gänsemagd (Gebrüder Grimm)
Eine Königstochter wird von ihrer Dienerin begleitet, um ihren Bräutigam zu heiraten.
Unterwegs zwingt die Dienerin sie, die Rollen zu tauschen – die Prinzessin muss fortan das Pferd der anderen führen und wird am Hof als einfache Gänsemagd behandelt.
Niemand erkennt sie, niemand glaubt ihr.
Das sprechende Pferd Falada, das ihr einziger Zeuge ist, wird auf Befehl der falschen Braut getötet – sein Kopf hängt am Tor und spricht nur heimlich zu ihr, wenn sie die Gänse hütet.
Am Ende kommt die Wahrheit heraus, die Dienerin wird bestraft, und die Prinzessin erhält ihren Platz zurück.
Ein Happy End also.
Sagt man.
Oder, die Spiegelgeschichte: „Die Frau, die Gänse zählte“
Ich war mal eine Prinzessin.
Nicht im Palast – im Leben.
Alles glänzte, was man mir hinstellte. Und ich sagte Danke. Immer.
Das ist das Erste, was man uns beibringt: Dankbarkeit, auch wenn der Teller leer ist.
Dann kam sie – die andere.
Vielleicht war sie keine Person, vielleicht war sie nur das, was das Leben mit uns macht, wenn es uns müde sieht.
Sie lächelte, bat mich, ihr das Kleid zu halten, und ich tat es.
Sie nahm es mir ab, ohne zu fragen.
Und plötzlich war ich die, die hinterherläuft.
Mit Schuhen voller Schlamm und einem Gesicht, das niemand mehr erkennt.
Ich wurde Gänsemagd.
Nicht im Stall – im Alltag.
Ich zähle Dinge, die niemand bemerkt:
verpasste Träume, verlorene Ichs, zu viele Kompromisse pro Woche.
Und immer, wenn jemand fragt, wie’s mir geht, sage ich: „Alles gut.“
Weil das die höfliche Übersetzung von „Ich funktioniere“ ist.
Manchmal höre ich Falada sprechen – mein altes Ich, irgendwo zwischen Zorn und Zärtlichkeit.
Er sagt: „Du weißt, wer du bist.“
Und ich sage: „Ja, aber was bringt’s?“
Er antwortet nicht. Er hat ja keinen Körper mehr.
Die Leute sagen, am Ende kommt alles raus.
Dass Wahrheit siegt und Gerechtigkeit nur Geduld braucht.
Ich lächle dann, nicke, halte weiter das Maul.
Denn wer zu früh spricht, wird für verrückt gehalten.
Wer zu spät spricht, für bitter.
Und wer gar nicht spricht, für stark.
Ich wähle die dritte Option.
Ich bin stark.
Oder still.
Oder beides.
Und manchmal, wenn ich abends die Wäsche aufhänge, denke ich:
Vielleicht war das Pferd besser dran.
Es durfte wenigstens den Mund aufmachen, bevor sie ihm den Kopf abnahmen.
Das alte Märchen: Vasilisa die Schöne
Vasilisa wuchs bei ihrer grausamen Stiefmutter und den bösen Stiefschwestern auf, nachdem ihre Mutter gestorben war.
Sie erhielt von ihrer Mutter eine kleine Holzpuppe, die ihr heimlich half, alle Aufgaben zu erfüllen.
Eines Tages wurde Vasilisa von der Stiefmutter zu Baba Jaga geschickt – der furchterregenden Hexe im Wald, die angeblich jeden verschlingt, der ihre Hütte betritt.
Mit Hilfe der kleinen Puppe meisterte Vasilisa alle Aufgaben der Hexe und kehrte nicht nur lebend, sondern stark und selbstbewusst zurück.
Am Ende heiratete sie den Zaren, während die Stiefmutter und Stiefschwestern leer ausgingen.
Ein klassisches Happy End – doch es riecht nach Angst, Machtmissbrauch und dem leisen Grauen, das im Alltag lauert.
Oder, die Spiegelgeschichte: „Die Frau mit der Puppenhand“
Eine Stiefmutter hatte ich auch.
Und ich kenne das Gefühl, dass jemand über mich entscheidet, während ich noch atme.
Manchmal nenne ich es Gesellschaft, manchmal Familie, meistens: Arbeit.
Immer jemand, der glaubt, er wisse, was gut für mich ist.
Immer jemand, der denkt, er könne mich formen, ohne dass ich es merke.
Ich bekam eine Puppe. Nicht aus Holz.
Aus Textnachrichten, gut gemeinten Ratschlägen, Regeln, die ich nie wollte.
Sie flüsterte mir heimlich zu, wenn niemand hinsah.
„Du schaffst das“, sagte sie.
„Du bist mehr als sie glauben.“
Und manchmal hatte sie recht.
Dann kam Baba Jaga.
Nicht aus dem Wald, nicht in Gestalt einer Hexe.
Sie kam als Job, als Projekt, als plötzliches Chaos mitten in meinem Leben.
Sie wollte alles sehen: wie ich handle, wie ich falle, wie ich lache.
Sie sagte: „Hier bist du nur die, die sich beweist.“
Und ich sagte: „Ja, gern.“ – aber innerlich dachte ich:
„Wenn ich überlebe, bin ich nicht mehr die Gleiche.“
Die Aufgaben waren unmöglich.
Ich tat, was getan werden musste.
Und irgendwann – als alles vorbei war – bemerkte ich, dass ich nicht nur überlebt hatte.
Ich war stärker.
Nicht gut – nicht schön – einfach stärker.
Die anderen zählten noch die Fehler, die sie machten, als ich schon ging.
Sie verstehen nie, dass Stärke leise ist.
Dass sie nicht glänzt.
Dass sie manchmal nur bedeutet:
Einfach weiterzugehen.
Gruseleckchen
Die Frau hinter dem Spiegel
Man sagt, sie wohnt zwischen den Spiegeln.
Wer nachts ihr Zimmer betritt, sieht nur sein eigenes Gesicht. Doch manchmal, nur ganz kurz, zwinkert jemand zurück – jemand, der genau weiß, was du denkst.
Der Besucher um Mitternacht
Er kommt nur, wenn du denkst, du bist allein.
Sein Gesicht ist leer, seine Stimme nur ein Flüstern deiner eigenen Gedanken.
Und plötzlich merkst du: Du hast ihn eingeladen, ohne es zu wissen.
Das Zimmer, das verschwand
Du trittst ein und alles ist normal.
Wenn du zurückkommst, ist die Tür verschwunden.
Und die Welt fühlt sich fremd an, selbst deine Schuhe scheinen nicht mehr zu passen.
Die Katze, die lacht
Sie sitzt im Schatten und sieht dich an.
Ihre Augen funkeln, als wüsste sie Geheimnisse, die dein Herz nicht tragen kann.
Manchmal lacht sie – und du merkst, dass du schon längst mitten in ihrer Geschichte bist.
Kuriositäten Teil 1
Häuser bewegen sich wie Lungen, Türen schlagen im Takt ihrer Atemzüge.
Die Bewohner lügen, verlieren ihre Stimmen und werden still, bis nur noch die Stadt spricht.
Hier wohnen die verlorenen Identitäten.
Monster aus vergessenen Träumen stapeln sich zwischen den Regalen, flüstern Geschichten, die nie erzählt wurden.
Kuriositäten Teil 2
Er nimmt jedes Gesicht an, das du ihm gibst, und bleibt doch immer fremd.
Du willst ihn verstehen, doch du merkst, dass er nur deine eigenen Masken reflektiert.
Die Dunkelheit wandert von Stadt zu Stadt.
Wer ihr folgt, findet Welten voller Wesen, die aus Licht und Schatten geformt sind – und merkt, dass sie längst in dir wohnen.
Phantische Monsterwelten
Der Anfang einer Reise durch eine Phantasiewelt:
Ihr Gewand strahlte und brachte dennoch Düsteres hervor....
Denn sie weiß nicht, was sie tut
Hier entsteht ein grösseres literarisches Werk in 4 Bänden
Die Autorin erzählt ihre Geschichte, als wäre es nicht ihre eigene und betrachtet ihr Leben aus der Vogelperspektive. Hineingeboren in ein Leben ohne Vorwarnung, in ein Chaos, das sie gelegentlich versucht, zu ordnen.
Aus Erzählungen und Erinnerungen spinnt sie ein Netz, aus deren Fäden diese Buchseiten entstehen.
Wer ist sie? Wo kommt sie her? Einiges ist gemunkelt, um fragwürdige Lücken aus der Vergangenheit zu stopfen, und einiges hat sie recherchiert aus KI-basierten Informationen, die richtig oder falsch sein könnten.
Mit Humor überspielt sie ihre tiefsten Ängste, kämpft mit ihrer Panik. Mit bittersüssem Sarkasmus lernt sie, eine Mauer zu errichten, die niemand durchbrechen kann.
Exposè1 zu diesem Werk
Arbeitstitel
Denn sie weiß nicht, was sie tut
Genre / Stilrichtung
Tragikomödie, autobiografisch inspiriert, schwarzer Humor
Umfang (geplant in 5 Bänden)
Alle noch in Arbeit
Kurzinhalt
Eine junge Frau kämpft sich durch ein Leben, das von Anfang an nicht ihres war. Als Baby dem Chaos ausgeliefert, wächst sie zwischen Absurdität und Abgründen auf. Doch anstatt sich in der Tragik zu verlieren, begegnet sie dem Wahnsinn mit bissigem Humor. „Denn sie weiß nicht, was sie tut“ ist eine autobiografisch inspirierte Tragikomödie über Identität, Wut, Selbstironie – und das befreiende Lachen mitten im Schmerz.
Zielgruppe
Leser*innen von autobiografischer Literatur, komische Tragik, Alltag mit Sarkusmus, Vergessenes aus der ehemaligen DDR
Autorin
knapp 60, und sie weiss immer noch nicht, was sie tut.
Denn sie weiß nicht, was sie tut, beginnt 1966 in der ehemaligen DDR. Von ihrer Nabelschnur getrennt, liegt sie in vollen Windeln mit einem leeren Bauch. Ihre Geschwister verschwinden ebenso wie ihre Erzeuger aus ihrem gerade begonnenen Leben.
Irgendwann, irgendwo, zwischen Kinderheim und Pflegeeltern, kommt zwischendurch etwas Sicherheit, Schutz und Stabilität in ihr kleines Chaos. Mit sozialistischer Disziplin und fremder Liebe bleibt sie stets auf der Suche nach ihrer Herkunft und stolpert dabei von einem Fragezeichen in das Nächste.
Doch es scheint, als würde sie in dem Schutz und in der Sicherheit ersticken. Sie sucht den Schlüssel zum Ausgang und läuft weiter und weiter, und entfernt sich dabei von sich selbst.
Mit Humor überspielt sie ihre tiefsten Ängste, kämpft mit ihrer Panik und macht aus Tabus knallbunte Lügen. Mit bittersüssem Sarkasmus lernt sie, eine Mauer zu errichten, die niemand durchbrechen kann.
Sie tastet sich durch die Trümmer ihrer Biografie und sucht nach einem Sinn, seit über 50 Jahren.